Unser Leben, unser Tagesablauf unsere Beziehungen sind immer mehr geprägt durch den Einsatz technischer Geräte: Smartphones, Laptops, Social-Media, News-Dienste, Fernseher, Streaming-Dienste. Kontakte und Beziehungen, neueste Nachrichten, Unterhaltung nach Wahl ohne Ende, Ablenkung ist auf Knopfdruck jederzeit erreichbar. Es gibt großartige Apps, die uns unser Leben total erleichtern, die ganze Familie informiert halten, Wissen, das überall verfügbar ist. Toll, aber auch etwas, dessen Umgang uns schnell entgleiten kann. Ablenkung ist der neue Stress, es verschwinden mal eben pro Tag ein paar Stunden darin wie im Bermuda-Dreieck. Stunden, die uns oft in Beruf, Familie und Alltag fehlen.
Digital Detox im Millieu
Ganz besonders schön hat das die Prenzlschwäbin Bärbel Stolz in ihrem Youtube-Video „Digital Detox“ beschrieben, der ich hiermit für Ihr lebendiges Bild digitaler Abhängigkeit und ihrer klebrigen Krakenarme herzlich danke:
Oder wer kennt es nicht, dass selbst in Gesellschaft anderer das Handy der Haupt-Interaktionspartner ist? Auch dies ein bezeichnender Film, den ich gefunden habe:
https://www.zdf.de/filme/filme-sonstige/hilfe-wir-sind-offline-114.html
Begriffe wie das Jugendwort 2015 „Smombies“ = Smartphone-Zombies, „Heads-down-generation“, spezielle Fußwege für Smartphone-Nutzer (China) oder Verkehrsampeln am Boden (Augsburg) sind Begleiterscheinungen dieser Entwicklung. Früher hielt man sich an der Zigarette fest, heute am Handy.
Zu Risiken und Nebenwirkungen…
Digitale Abhängigheit – die neue Sucht ohne Kater, Turkey, Übergewicht oder Lungenschädigung, aber nicht ohne Nebenwirkungen, z.B.:
- Produktivitätseinbußen durch stundenlanges Surfen
- Stress durch das Wiedereinholen dieser Stunden
- Geistige Erschöpfung bei nur geringer positiver Lebenswirkung
- Ziele werden aus den Augen verloren, Selbstwertgefühl sinkt durch Minderleistung
- Verlagerung von Beziehungen auf die digitale Ebene, die emotional weniger sättigen,
- Vernachlässigung von direkten Beziehungen, z.B. auch des Partners oder der eigenen Kinder
- Einschlafstörungen durch das blaue Licht der Bildschirme
- Konzentrationsprobleme und Durchschlafstörungen durch Reizüberflutung
- Verspannungen und Degeneration im Nacken-/Schulterbereich durch geneigte Kopfhaltung (heads down)
- Stille Zeiten innerer Einkehr, Pausen und Entspannung fallen der digitalen Präsenz zum Opfer, d.h. Schwächung der Gottesbeziehung
Ja, unsere digitalen „guten Geister“ können zu Geistern werden, die wir zwar selbst riefen, werden wir manchmal nicht wieder los werden, nicht aus der Hand legen können oder immer wieder in die Hand nehmen. Unsere modernen Götzen – die uns vom Leben, von uns selbst, unserem Nächsten und von Gott entfernen. Wir ertappen uns immer wieder dabei, dass wir eigentlich nur ein Minütchen mal kurz checken wollten, was da gepiepst hat,- und wir dann uns von Seite zu Seite weiterklicken. Bis wir plötzlich nach 45 Minuten wieder zu Bewusstsein kommen, zwei Bestellungen ausgelöst haben. Oder uns über das Leben wildfremder Leute uns aufgeregt haben, Freunden von Freunden unserer Freunde oder unsäglich schwachsinnigen Promi-Quatsch. Dafür entgleitet uns unser eigenes Leben.
Smartphones etc. lösen kleine Probleme, aber nicht die großen. Ich selbst kenne das schon sehr lange. Schon seit den 80er Jahren beschäftige ich mich mit digitalem Leben. 1987 habe ich im Deutschen Bundestag mitgewirkt, Bürokommunikation für die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter einzuführen und sie darin zu schulen. 1988 lernte ich als Vertriebsbeauftragte in dem großen amerikanischen Unternehmen HP, alle interne Kommunikation über Email zu erledigen – durch Email-Check „die Welt retten“. Ein sehr früher digitaler Junkie also: früher habe ich Menschen beigebracht, mit Computern umzugehen, heute helfe ich dabei, sie zur rechten Zeit auszuschalten oder liegen zu lassen. Und wirklich: Es fiel mir wesentlich leichter, auf Schokolade zu verzichten als auf meine digitalen Verführer – aber es geht. Gerne begleite ich Sie also mit meiner langjährigen Erfahrung auf Ihrem Weg aus der digitalen Abhängigkeit.
Alles tun und alles lassen können
Anders als bei manch anderen Süchten gibt es auch kein „Trocken werden“, denn für meine berufliche Tätigkeit als Selbständige bin ich auch immer wieder darauf angewiesen, meine digitalen Helferchen und Unterhalter zur Hand zu nehmen – den meisten geht es ebenso. Maßhalten, nicht Totalverzicht, es ist wie mit dem Essen – für die Betroffenen wird es oft zu einem längerwährenden Heilungs- und Lernprozess. Es gibt auch Koppelungen der digitalen Abhängigkeit mit anderen Süchten, z.B. Differenzierung nach Kimberly Young et al., es sind psychologisch gesehen alles Störungen der Impulskontrolle, auf die ich aber nicht extra eingehe:
- Online-Sexsucht (Herunterladen und Anschauen von Pornos im Netz, Erotikchats, Selbstbefriedigung am Computer)
- Online-Kontaktsucht (Chats und soziale Netzwerke, Online-Affären)
- Online-Selbstbestätigungssucht (Likes, Follower, Interaktionen)
- Online-Kaufsucht
- Information Reizüberflutung (Information Overflow = Stetiges Surfen im Internet nach Information, auch Musik und Filmen)
- Online-Spielsucht (Glückspiel, Ego-shooter, Online-Rollenspiele)
Wie kommt man da raus? Langsam und mit vielen Entscheidungen. Himmlisch/geistig und irdisch/praktisch kombiniert.
Wie bei jedem Süchtigen zunächst mit der Entscheidung, es wirklich zu wollen. Der Anfang. Und eine Weile wird man merken, der eigene Wille – „kann ja eigentlich gar nicht so schwer sein“ – reicht oft nicht aus und schon wieder sind ein paar Stunden, ein paar Abende im Müll. Wie bei jeder Sucht bekennen, es nicht ohne Hilfe lösen zu können und Gott in die Schwierigkeiten einladen.
Was kann man praktisch tun?
Hier nur einige meiner Vorschläge, die sich bewährt haben:
- Smartphone- bzw. Email-Check erst nach dem Frühstück, wenn ich mich positiv auf den Tag eingestellt habe.
- Keine Bildschirme mehr nach 20/21 Uhr bzw. spätestens eine Stunde vor dem Schlafengehen. Abstellen. Offline-Gehen. Einen Wecker dafür stellen.
- Ein geruhsame, persönliche befriedigende Abendbeschäftigung zulegen. Ein schönes Buch auf dem Nachttisch.
- Wenn’s denn doch mal spät wird: Bildschirmdimmer bzw. Blaulichtfilter einschalten.
- Während persönlicher Gespräche offline gehen oder filternde Apps einsetzen. Die Person vor Ort hat Vorrang.
- Sich die Frage stellen: Brauche ich den Fernseher, all diese Apps? Kommt da noch irgendwas wirklich Sinnvolles, Lebensbereicherndes, das so viele Stunden verdient? Was bringt mir wirklich etwas? Und ausmisten bzw. einen Plan machen. Entscheidungen treffen.
- Fristen fürs Surfen/Checken setzen
- und vieles mehr…
Psychologische Bearbeitung
Psychologisch ist es sinnvoll, folgende Fragen für sich mit sich oder einem Gegenüber zu bearbeiten:
- Was versuche ich mit meinem digitalen Aktivismus nicht zu fühlen bzw. zu verdrängen?
- Was bringt es mir? Was verpasse ich?
- Für was ist meine Digitalsucht ein Ersatz, was möchte ich damit erreichen, welche Sehnsucht stille ich gerade damit?
- Die Arbeit an geistigen Laste(r)n und die Schaffung neuer Gewohnheiten: Was tue ich stattdessen?
Gottes Hilfe in das Problem einladen
Gebet: Lieber Gott, bitte heile mich von meiner Digital-Sucht durch Deinen Heiligen Geist. -> Solange, bis man durch ist.
Die Gewohnheit stiller Zeiten wieder aufleben lassen. Das entspannt und erholt mehr als alle Berieselung und digital begleitetes Abspannen.
So, das waren die Tipps, die eigentlich jeder machen kann. Alles weitere vermittle ich gern in meinem Einzelcoaching „Digital Detox“.